DADGAD-FAQ

Was bedeutet eigentlich DADGAD?

DADGAD ist keine Stadt im Orient, sondern eine offene Gitarrenstimmung, bei der beide E-Saiten (1. und 6. Saite), sowie die H-Saite (5. Saite) jeweils einen Ton tiefer gestimmt werden. Dadurch erklingen die Leersaiten nun in den Tonhöhen (von tief nach hoch) DAdgad‘, was die Namensgebung dieser Stimmung erklärt. Dies entspricht einem Dsus4-Akkord.

Was heißt “Offene Gitarrenstimmung?”

Laut Wikipedia ist dies bei Saiteninstrumenten eine Stimmung, bei der die leeren (“offenen”) Saiten einen einfachen Akkord bilden. Die DADGAD-Stimmung gilt musiktheoretisch also eher als Skordatur, weil sie anstelle eines einfachen Dreiklangs einen Dsus4-Akkord bildet, bei dem anstelle einer Dur- oder Mollterz (f#, bzw. f) eine Quarte (g) erklingt.

Was sind die wesentlichen Unterschiede der DADGAD-Stimmung zur Normalstimmung?

Drei Ganztöne. 🙂 Im Ernst: Es gibt eine Vielzahl von Unterschieden:

  • DADGAD ist keine chromatische Stimmung, sondern eher teil-diatonisch. Das wirkt sich auf die Intervalle zwischen den Leersaiten und damit auch auf die Spielbarkeit von Akkorden aus, die weit von der Basistonart D entfernt sind.
  • Durch die leeren Saiten entsteht beim Spielen eine Art Bordun.
  • Gleichzeitig erhalten die Leersaiten, je nach gegriffenem Akkord, einen neuen Kontext. Obwohl es sich oft um die gleichen Töne handelt (D, A oder G), bekommen sie bei verschiedenen Akkorden einen neuen Bezug und funktionieren als implizite Optionstöne (7, 9, 11, etc.). So sind auch mit einfachen Griffen komplizierte, oft jazzig klingende Tonkombinationen möglich.
  • DADGAD ist ohne Capodaster für bestimmte Tonarten besser geeignet (leichter spielbar) als andere. Allgemein kann man sagen: Je weiter man sich von der Basistonart D entfernt, desto komplizierter (und manchmal auch interessanter) wird es.
  • Durch die häufig mitschwingenden Leersaiten entsteht ein weicherer und offener Character. Stücke bekommen mehr “Luft”
  • Es geht nicht darum, vollständige Drei- oder Mehrklänge zu erzeugen. Oftmals kommen Akkorde in der DADGAD-Stimmung völlig ohne Terz aus, besitzen aber Septimen, Nonen, etc.

Was ist mit “Basistonart” gemeint?

Bei der DADGAD-Stimmung gilt ‚D‘ als Basistonart. Hierbei ist nicht festgelegt, ob es sich um D-Dur oder D-Moll handelt. Je weiter wir uns im Quintenzirkel von dieser Basistonart entfernen, desto weniger Bezug haben die Leersaiten zum gepielten Akkord. So passen die Leersaiten D, A, oder G durchaus noch zu F#-Moll. Bei C#-Moll ist die Reibung dagegen schon ziemlich hoch. Das muss nicht immer schlimm sein und kann — gerade bei Durchgangsakkorden — sogar recht spannend klingen, wenn man den Zusammenhang berücksichtigt.

Mit “Basistonart” ist jedoch nicht die Grundtonart (E-Moll, C-Dur, etc.) gemeint, die durchaus von der Basistonart abweichen kann. Natürlich kann auch bei der Basistonart D ein Stück in E-Moll oder gar Bb-Dur spielen, ohne gleich zum Capo zu greifen.

Warum sollte ich DADGAD anstelle der Standardstimmung benutzen?

Die DADGAD-Stimmung hat eine Reihe von klanglichen Eigenschaften, die sich in der Standardstimmung nur schwer reproduzieren lassen (s. Unterschiede). In einigen Tonarten klingt DADGAD unglaublich schön, in anderen eher nicht. Das ist der Preis. Tatsächlich ist es gar nicht nötig, sich zwischen der Standardstimmung und DADGAD zu entscheiden. Beides ist gleichwertig. Wichtig ist, dass es einem selbst gefällt und der Musik, die man spielt, dienlich ist.

Muss ich mich zwischen DADGAD und der Normalstimmung entscheiden?

Nein. Wenn Du häufig die Stimmung wechselst, werden die Saiten allerdings stärker strapaziert und müssen häufiger gewechselt werden. Wenn Du eine zweite Gitarre zur Verfügung hast, lohnt es sich, eine von beiden in der DADGAD-Stimmung zu belassen.

And it is only the brave who will tune their guitar to DADGAD permanently…
Gibson Guitars

Ist DADGAD schwer zu erleren?

Der Einstieg in die DADGAD-Stimmung ist ziemlich leicht. Schon nach einer Stunde ist man in der Lage, mit wenigen 1- und 2-Finger-Griffen komplette Stücke zu begleiten. Danach wird es — wie bei vielen Dingen — auch hier komplizierter. Das Prinzip der “horizontalen” und “vertikalen” Griffen erleichtert das Erlernen neuer Muster und Stücke jedoch enorm.

Ich habe noch nie Gitarre gespielt. Kann ich sofort mit der DADGAD-Stimmung anfangen?

Klar. Allerdings ist mir bis jetzt noch kein Gitarrist begegnet, der das tatsächlich gemacht hätte.

Was ist mit “horizontalen” und “vertikalen” Griffen gemeint?

Wenn man sich ein typisches Griffbild auf der Gitarre vorstellt, dann befindet sich der Kopf meist oben und das Schalloch unten. Die Saiten werden von links nach rechts und von tief nach hoch dargestellt.

“Horizontale” Griffe bewegen sich meist auf den ersten fünf Bünden, haben dafür aber eine Reihe verschiedener Fingersätze, während die “vertikalen” Griffe sich von 2-3 Basisformen ableiten lassen, die sich auf dem gesamten Griffbrett zwischen Kopf und Schalloch vertikal verschieben lassen.

Muss ich für Deine Workshops Noten lesen können?

Nicht unbedingt, aber es kann nicht schaden. Weil für die DADGAD-Stimmung 3 Saiten umgestimmt werden, ist eine “normale” Gitarrennotation sowieso nur bedingt hilfreich. In den Workshops arbeite ich meist mit Tabulaturschrift, bei der aufgeschrieben wird, welche Saite in welchem Bund gegriffen werden muss.

Für einige Stücke, bei denen es beispielsweise um die Begleitung geht, steht die Melodie zusätzlich in Notenschrift dabei.

Muss ich bei DADGAD alle Akkorde neu lernen?

Nein. Diese weit verbreitete Ansicht schreckt viele interessierte Leute davon ab, einmal in die DADGAD-Stimmung hineinzuschnuppern. Besser, man stellt sich vor, neue Fingersätze für bereits bekannte Akkorde zu lernen. Zudem lassen sich viele DADGAD-Griffe aus der Normalstimmung herleiten.

Kann eine in DADGAD gestimmte Gitarre mit einer in der Standardstimmung gemeinsam spielen? Passen die Griffe zusammen?

Auf jeden Fall! Das klingt sogar sehr schön. Die klaren Strukturen der Standardstimmung werden wunderbar ergänzt und erweitert durch den offenen Character und die vielen “eingebauten” Optionstöne der DADGAD-Stimmung. Benutzt man nur einfache Akkordbezeichnungen (D, Hm, C, usw.) und ignoriert dabei die Töne, die durch die Leersaiten entstehen, lassen sich die Akkorde aus der DADGAD-Stimmung problemlos mit denen aus der Normalstimmung gemeinsam nutzen. Ein A-Dur in DADGAD ist auch ein A-Dur in der Standardstimmung, auch wenn bei DADGAD möglicherweise noch eine None oder Undezime erklingt.

Ist DADGAD nur für Folk-Musik geeignet?

Absolut nicht. DADGAD lässt sich für alle Musikstile benutzen, die es gibt. Berühmte Beispiele sind:

Wer hat DADGAD erfunden?

Einen “Erfinder” der DADGAD-Stimmung gibt es nicht. Tatsächlich haben viele Gitarristen die Stimmung unabhängig voneinander entdeckt und genutzt. Eine der frühesten belegten Aufnahmen, ist “She moved through the fair” von Davey Graham aus dem Jahr 1962. Aber auch zuvor wurden Saiteninstrumente in “Skordatur”, sprich: abweichend von der Normalstimmung gestimmt. Es ist durchaus denkbar, dass es bereits viel früher schon z.B. Lauten- oder Theorbenstücke gab, die die DADGAD-Stimmung verwendeten.

Brauche ich ein besonderes Instrument für DADGAD?

Nein. Jede Gitarre ist für das Spiel in der DADGAD-Stimmung geeignet. Es ist weder ein spezieller Hals, noch spezielle Bünde nötig. Meistens werden für das Spiel in der DADGAD-Stimmung Gitarren mit Metallsaiten benutzt. Das ist aber keine Voraussetzung, sondern eher eine Geschmackssache.

Einige Instrumentenbauer bieten inzwischen auch spezielle DADGAD-Gitarren an. Für den täglichen Einsatz ist das aber nicht wirklich nötig. Wer viel zwischen DADGAD und der Normalstimmung (oder anderen Stimmungen) wechselt, sollte überlegen, ein Instrument permanent in DADGAD gestimmt zu lassen — falls mehr als eine Gitarre vorhanden ist.

Welche Saiten brauche ich, um in der DADGAD-Stimmung spielen zu können?

Wenn allerdings viel oder ausschließlich in DADGAD gespielt werden soll, ist es sinnvoll, die heruntergestimmten Saiten etwas dicker zu wählen, um den geringeren Saitenzug auszugleichen. Dadurch bleiben die Saiten stimmstabil und lassen sich besser intonieren. Allerdings gibt es inzwischen auch eine Reihe, speziell auf die DADGAD-Stimmung zugeschnittener Sätze. Der Autor spielt beispielsweise einen eigenes zusammengestellten Phosphor-Bronze-Satz in den Saitenstärken 0.13, 0.17, 0.24, 0.32, 0.42 und 0.56. Das ist für Leute, die viel Fingerpicking spielen aber möglicherweise schon viel zu dick.

Welche Nachteile hat die DADGAD-Stimmung?

Für Notisten besteht die größte Schwierigkeit wohl darin, dass für die Hälfte der Saiten die Töne nicht mehr an der gewohnten Stelle liegen. Aus diesem Grund wird für Stücke in der DADGAD-Stimmung meistens Tabulaturschrift verwendet. Ein weiterer Nachteil ist die Beschränkung auf bestimmte Tonarten, die “gut” klingen, während ein vollkommen chromatisches Modulieren eher schwierig ist (nur mit Barréegriffen machbar) und nicht immer besonders schön klingt.

Kann die DADGAD-Stimmung mein Instrument beschädigen?

Das hängt eher vom Spieler als von der Stimmung ab. Tatsächlich verringert die DADGAD-Stimmung die Saitenspannung, weil drei Saiten je einen Ton tiefer gestimmt werden. Dadurch verändert sich auch der Zug auf den Hals und somit auch die Saitenlage. Der Abstand der Saiten zum Griffbrett wird geringer und es kann passieren, dass einige Saiten “scheppern”. Das lässt sich aber ausgleichen, indem die heruntergestimmten Saiten etwas stärker gewählt werden. Einen dauerhaften Schafen verursacht das jedoch nicht. Ein häufiges Wechseln zwischen verschiedenen Stimmungen kann die Saiten jedoch schneller verschleißen, so dass sie öfter getauscht werden müssen.